Donnerstag, 31. März 2016
Näheres zu den Fälschungen Jupp Jenniches und die Zusammenarbeit mit dem Händler Schuppner findet sich in C. Müller-Straten: Fälschungserkennung, Bd. 1, S. 342.
"Wie das Provenienz-Gutachten weiter feststellt, war sie [Frau Tekla Hess, Ehefrau des damals bereits verstorbenen Sammlers und Mäzens Alfred Hess] im März 1937 gezwungen, dieses Gemälde [Kirchner's Urteil des Paris] zusammen mit anderen Werken [von der Schweiz] zurück nach Deutschland zu schicken, wo sie die Werke im Kölnischen Kunstverein unterbrachte. Im Jahr 1939 gelang ihr die Emigration nach Großbritannien. Nach Ende des 2. Weltkrieges wurde ihr seitens des Kölnischen Kunstvereins mitgeteilt, dass die ehemals eingelagerten Bilder zerstört, jedenfalls nicht mehr vorhanden seien.
Erst im sogenannten Kölner Kunstfälscherprozess 1949/50 tauchten einige der vermeintlich zerstörten Bilder als Diebesgut wieder auf. Im Rahmen dieses Strafprozesses stellte sich heraus, dass sowohl der damalige Hängemeister des Kölnischen Kunstvereins als auch Dritte sich Bilder aus der Sammlung Hess angeeignet hatten. Bei polizeilichen Durchsuchungen aufgefundene Bilder wurden nach Abschluss des Strafverfahrens an die Familie Hess zurückgegeben." (Website des Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen, http://www.kirchner-ludwigshafen.de/der_fall_kirchner.html#nav)
Hierzu gehörte jedoch nicht das 1957 in der Privatsammlung Ludwig Hack auftauchende Werk Kirchners "Das Urteil des Paris" (heute Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen.
Der SPIEGEL (39/1950) berichtete damals:

"Robert Schuppner, des betrügerischen Verkaufs gefälschter Bilder angeklagter Maler aus Köln ... stand jetzt vor Gericht. Mitangeklagt war Josef Jenniches (rechts), seit 25 Jahren Faktotum des Kölnischen Kunstvereins. Der hatte Bilder aus dem Besitz des jüdischen Emigranten Heß an Schuppner verkauft und Schuppner mit selbstgepinselten Aquarellen von "Nolde" und "Klee" übers Ohr gehauen... Zwanzig teils echte teils unechte Werke moderner Kunst illustrierten die kahlen Wände des Gerichtssaals. Schuppner konnte seine Gutgläubigkeit in beiden Fällen nachweisen und wurde freigesprochen Jenniches erhielt 1 Jahr Gefängnis, mit 3 Jahren Bewährungsfrist." (Foto: nach einem Spiegel-PDF der Druckseite, dort keine Angaben zum Fotografen)
Donnerstag, 24. März 2016
Nürnberger Zollfahnder haben am 1. März 2016 bei der Durchsuchung eines bäuerlichen Anwesens bei Geltendorf 26 Präparate artengeschützter Greifvögel sichergestellt. Darunter befanden sich mehrere Bussarde, Turmfalken, Habichte, Uhus und Waldohreulen, die unter strengem und besonderem Schutz stehen.
Dem 48-jährigen Tatverdächtigen wird vorgeworfen, die präparierten Tiere über virtuelle Auktionshäuser vertrieben zu haben, unter anderem auch in die Vereinigten Staaten von Amerika. Allein in die USA exportierte der 48-Jährige 30 streng geschützte Greifvögel. Den Gesamtumfang des seit mindestens Januar 2013 laufenden Geschäfts ergründen nun Ermittler des Zollfahndungsamts München mit Sitz in Nürnberg. Von den dortigen Behörden kam der Hinweis auf den in Geltendorf ansässigen Händler, der selbst Jäger ist. Er wird beschuldigt, ungenehmigte Ausfuhren beziehungsweise Handel ohne gültige Dokumente mit geschützten Tieren betrieben zu haben.
Um die Dokumentenpflicht zu umgehen, soll er die Präparate teilweise als Museumsexemplare deklariert oder gefälschte Zertifikate genutzt haben.
Donnerstag, 24. März 2016
 
Links das Bild vor der Restaurierung 2012. Foto: cranach-net, Heidelberg. Rechts die Venus nach der Restaurierung in London, so erworben vom Fürsten von Liechtenstein (1531 datiert und mit Schlange signiert) . Foto: Liechtenstein Collections
Aktueller kann eine Tagung nicht sein: Einer der Schwerpunkte des diesjährigen Restauratorentags von IIC Austria und Universalmuseum Joanneum in Graz war das Thema Kopien und Fälschungen mit den Referenten Paul-Bernhard Eipper, Ulrich Becker, Johann Thomas Ambrózy und Christian Müller-Straten. Nur wenige Tage nach dem Vortrag des Münchner Kunsthistorikers zum Thema „Fälscher als Restauratoren - Restauratoren als Fälscher“, bei dem er über den Begriff des restauratorischen Verfälschens sprach und die Fälle Bastiannini, Brigido Lara, van der Veken und Goller vorstellte, berichtete der STANDARD, daß die schreckliche Venus der Liechtenstein-Sammlung (angeblich ein Bild von Cranach), erworben von Prinz Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein 2013 für wohl 7 Mio. € gegen Mitte einer Ausstellung aufgrund einer Anzeige in Aix-en-Provence beschlagnahmt worden sei, um zu prüfen, ob es sich um eine rezente Fälschung handelt.
Laut Bernheimer-Colnaghi hatte sich das Bild zuvor seit der Mitte des 19. Jh. in einer belgischen Privatkollektion befunden. Weder ist diese Provenienz bisher überprüft worden, noch ist das Gemälde nach allen Regeln der Kunst naturwissenschaftlich untersucht worden. Kunsthistorikern fallen sofort die Schwächen kaschierende dümmliche Beinstellung und das ebenfalls für eine Venus von Cranach ursprünglich ziemlich ausdruckslose Gesicht auf. Auf jeden Fall wurde das Gemälde in London vor dem Ankauf durch den Prinzen restauratorisch cranachisiert - und zwar ähnlich der Hyperrestaurierungs-Methode van der Veken. Zu prüfen wird jetzt im Louvre sein, ob hier nicht ein Restaurator eine Fälschung verfälschend aufgemöbelt hat. Prof. Gunnar Heidenreich (Fachhochschule Köln) hat bei cranach-net dieses Bild jetzt (ohne nähere Begründung) als „Imitation“ bezeichnet.
https://blog.arthistoricum.net/beitrag/2016/03/06/cranachs-venus-verfuehrt-cranach-experten/
Sonntag, 6. März 2016
Ein gewaltiger Scherbenhaufen. Ein Kommentar
Was wäre wenn die Hauptmotive der Nebrascheibe ("Sonne"-"Mond") nach einer Veröffentlichung von Dannheimer im Jahre 1975 [1] über ein latènezeitliches, in München-Allach gefundenes Schwert, das in der Archäologischen Staatssammlung in München (!) verwahrt wird - hier übrigens Gold in Eisen! - gefälscht worden wäre? [2]
Was, wenn die seltsamen binnengestrichelten Dreiecke (Füllmuster, wohl keine Bedeutung) von dem seit rund einem Jahrhundert publizierten Scheibe von Moordorf (Niedersächsisches Landesmuseum) vom rezenten Hersteller der dubiosen Bernstorfer Objekte (in Fachkreisen als Fälschungen bezeichnet) abgeguckt wurden, jene Moordorfer Scheibe aber nach neueren Untersuchungen ebenfalls unter Fälschungsverdacht steht? [3] Was wäre, wenn sich deren nette Fundgeschichte als nachträglich frei erfunden erweist? Eine Antwort dazu lautet: Das würde bedeuten, dass die Bernstorfer "Funde" nach einer Fälschung angefertigt wurden, was ein weiterer Fälschungsbeweis wäre.
Und was wäre, wenn sich auch einige der wenigen Bernstorfer Keramikfunde als gefälscht und als ebenfalls "in die Stratigraphie geschoben" erwiesen?
Was wäre, wenn Harald Meller plötzlich versuchen würden, sich nach dem Muster von Horst Bredekamp plötzlich als Chefaufklärer in Pose zu setzen? Was wäre, wenn der Leiter der Archäologischen Staatssammlung in München mit der Mitteilung hervortreten würde, dass er sich durch die persönlichen Beziehungen zu den Bernstorfer Entdeckern habe davon abbringen lassen, die bei ihm sonst übliche wissenschaftliche Distanz an den Tag zu legen? Wer von beiden gewinnt das Wettrennen und stellt die Glaubwürdigkeit der Prähistorie wieder her?
Die deutsche Prähistorie plant derzeit umfangreiche Publikationen zu diesen Aspekten. Man darf gespannt sein, wie lange die Aufarbeitung von Archäomystik und handwerklichen Fehlern noch dauert.
Anmerkungen
[1] Dannheimer, H.: Zu zwei älteren keltischen Fundstücken aus der Münchner Schotterebene. In: Archäologisches Korrespondenzblatt 5/1975, S. 59-67
[2] erneut abgebildet bei David, W.: Die Zeichen auf der Scheibe von Nebra und das altbronzezeitliche Symbolgut des Mitteldonau-Karpathenraumes. In: Der Griff nach den Sternen. Internationales Symposium 2005. Hg. von Harald Meller und Francois Bertemes. Halle 2010
[3] Noch vor wenigen Jahren wurde die Scheibe von der Landesarchäologie als echt angesehen. Vgl Hans-Jürgen Häßler: Ur- und frühgeschichtliche Goldfunde in Niedersachsen. In: MUSEUM AKTUELL, Ausgabe 100/Februar 2004. Zur dubiosen Scheibe von Moordorf fand am 20.2.2016 im Niedersächsischen Landesmuseum ein Workshop statt. Auch hier ergab sich eine industrielle Reinheit des Goldes, die nie Ziel der bronzezeitlichen Metallurgie gewesen sein kann. Eine solche Reinheit des Goldes wurde erst mit der geschichtlichen Münzprägung ein angestrebtes Ziel, in der Münzgold mit Reingold gleichgesetzt wurde.
Sonntag, 6. März 2016
Eine ausgezeichnete Reportage (Thomas Steinfeld: Am Tatort) über die geplünderte Biliotheca Girolamini in Neapel findet sich in: Süddeutsche Zeitung v. 13./14. Februar 2016, HF2, S. 15
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